lernte Ramakrishna bei einem Besuch des Kali-Tempels am 26.02.1882 kennen. Er war Lehrer und später Schulleiter. Da er seit seiner Kindheit stichwortmäßig Tagebuch führte, machte er auch von seinen Besuchen bei Ramakrishna Aufzeichnungen. Nach dessen Tod erfuhren die anderen Schüler des Meisters davon und konnten Mahendranath überreden, die Aufzeichnungen auszuarbeiten und in Buchform herauszugeben. Bis zu seinem eigenen Tod 1932 veröffentlichte er unter dem Pseudonym „M“ schließlich fünf Bände mit dem Titel Sri Sri Ramakrishna Kathamrita (Unvergängliche Gespräche mit Sri Ramakrishna).
Der hier wiedergegebene Abschnitt entspricht Kapitel 2 der 1942 erschienenen englischen einbändigen Gesamtausgabe von Swami Nikhilananda (es sind 6 Seiten eines Buches von 1064 Seiten!). Nikhilananda hat bei seiner englischen Übersetzung Ms Aufzeichnungen neu chronologisch geordnet und in ein geschliffenes Englisch übertragen. Kritiker sagen allerdings, dass dabei einiges der ursprünglichen Spontaneität verloren ging.
2001 erschien in Kleinauflage auf CD eine neue englische Übersetzung, die der New Yorker Yoga-Lehrer Sachindra Majumdar kurz vor seinem Tod handschriftlich angefertigt hatte.
Der nebenstehende Text orientiert sich an Majumdars Version, übernimmt aber die Kapitelfolge von Nikhilananda.
Der Meister hatte zu M gesagt, er würde Balarams Familie in Kalkutta besuchen und M solle doch auch kommen, Balaram hätte alle eingeladen. Deshalb war M gekommen.
M war noch ein Neuling und kannte die anderen Bhaktas noch nicht. Er hatte bisher erst Narendra in Dakshineswar kennengelernt.
Es war zwischen acht und neun Uhr abends. Ram, Manomohan, Rakhal, Nityagopal und andere Bhaktas waren anwesend. Sie tanzten mit dem Meister in der Mitte und alle sangen wie wild Gottes Namen. Einige der Bhaktas waren ekstatisch. Nityagopals Brust war durch Ekstase rot geworden.
Nachdem sich alle wieder gesetzt hatten, begrüßte M den Meister. Rakhal lag in Ekstase auf dem Boden, bewusstlos gegenüber der äußeren Welt. Der Meister legte seine Hand auf Rakhals Brust mit den Worten: „Friede, werde ruhig.“ Es war das zweite Mal, dass Rakhal in Ekstase gefallen war. Er wohnte bei seinem Vater in Kalkutta und besuchte den Meister ab und zu. Er war zu der Zeit Gymnasiast in Vidyasagars Schule in Kalkutta-Shyampukur.
Anschließend setzten sich die Bhaktas in die Veranda zum Essen. Balaram stand dort demütig wie ein Diener. Niemand hätte ihn für den Hausherrn gehalten.
Ein paar Tage später besuchte M den Meister in Dakshineswar. Der Meister hatte sich auf dem Bett in seinem Zimmer ausgeruht. Hriday, sein Neffe, der sich bisher um ihn gekümmert hatte, war entlassen worden und hatte Hausverbot im Tempel bekommen. Nach Ms Ankunft ging der Meister mit ihm nach draußen, während sie sich unterhielten. Sie gingen zu den Shiva-Tempeln und setzten sich auf die Stufen. Es war zwischen vier und fünf Uhr nachmittags. Den Krishna- und den Kali-Tempel betrachtend geriet der Meister in eine ekstatische Stimmung und begann, zur Göttlichen Mutter zu sprechen:
„Mutter, jeder sagt, meine Uhr geht richtig. Die Christen, die Brahmos, die Hindus, die Moslems, alle sagen sie: ‚Meine Religion ist die wahre.‘ Aber Mutter, niemandes Uhr geht wirklich richtig. Wer könnte dich wirklich verstehen? Doch wenn man dich mit Verlangen anruft, kann man dich durch deine Gnade auf jedem Weg erreichen, Mutter. Bitte zeige mir einmal, wie dich die Christen in einer Kirche anbeten. Aber, Mutter, was werden die Leute sagen, wenn ich in eine Kirche gehe? Vielleicht gibt es hier einen Tumult? Vielleicht lässt man mich nicht mehr den Kali-Tempel betreten? Dann zeige mir doch einfach von der Kirchentür aus, wie dich die Christen verehren.“
Einige Tage später nahm M seinen Freund Kalikrishna mit zum Meister. Kalikrishna wusste nicht, wo M ihn hinführte. M hatte nur gesagt: „Wenn du zu einem Laden mit gutem Wein willst, dann musst du mal mit mir mitkommen. Ich weiß wo es ein großes Fass mit bestem Wein gibt.“ — Als sie ankamen, saß der Meister auf einer niedrigen Bank in seinem Zimmer, mit seinem üblichen hinreißenden Lächeln. M berichtete, was er seinem Freund gesagt hatte und der Meister lachte.
Dann sagte er: „Die Seligkeit der Hingabe und die Seligkeit Brahmans, diese Seligkeiten sind der Wein, der Wein ekstatischer Liebe. Das Ziel des menschlichen Lebens ist, Gott zu lieben. Die Essenz ist Bhakti. Es ist außerordentlich schwierig, Gott durch Analyse und Überlegung zu erkennen.“
Der Meister begann zu singen:
Wer könnte je verstehen, was Mutter Kali ist?
Die philosophischen Systeme scheitern darin, sie zu erklären.
Sie ist das Selbst desjenigen, dessen Freude das Selbst ist, sagen die Schriften.
Sie wohnt in allen Wesen, und alle Wesen und das Universum trägt sie in ihrem Bauch.
Verstehe einer doch, wie groß sie sei!
Wer außer Shiva könnte Kalis Wahrheit kennen?
Im Wurzelchakra und im Kronenchakra meditieren die Yogis ständig über sie.
Kali spielt mit ihrem Partner, dem Absoluten.
Mein Herz erahnt es, doch mein Geist versteht es nicht,
obwohl er nur ein Zwerg ist, hofft er den Mond zu greifen.
Der Meister wiederholte: „Gott zu lieben, ist das Ziel des Lebens. So wie die Kuhhirten in Vrindavan Krishna liebten. Als Krishna nach Mathura wegzog, wanderten sie ziellos herum und weinten wegen ihrer Trennung von ihm.“
Der Meister schaute nach oben und sang:
Grad sah ich einen jungen Kuhhirt,
an einen Baum gelehnt,
den Arm um ein kleines Kalb gelegt.
„Wo bist du, Bruder Krishna?“ rief er,
doch er konnte kaum das K aussprechen,
da stockte ihm die Stimme.
„Wo bist du, Bruder“,
und er war in Tränen gebadet.
M musste weinen, als er den Meister voll Liebe dieses Lied singen hörte.
Der Meister war nach Kalkutta gekommen. Er saß im Wohnzimmer in der ersten Etage von Prankrishna Mukherjis Haus in Shyampukur. Gerade hatte er mit den anderen Bhaktas Mittag gegessen. Es war jetzt ein oder zwei Uhr Nachmittags. Viswanath Upadhyay, den der Meister „Captain“ nannte, wohnte in der Nähe. Der Meister wollte nach einer kurzen Mittagsruhe Captain besuchen und von dort später zu Keshabs Haus gehen.
In Prankrishnas Wohnzimmer saßen Ram, Manomohan, Kedar, Surendra und dessen Bruder, Rakhal, Balaram, einige andere Bhaktas und einige Nachbarn. Alle waren begierig darauf, was der Meister sagen würde.
Ramakrishna: „Gott und seine Pracht! Diese Welt ist seine Pracht. Aber angesichts seiner Pracht werden die Leute vergesslich, sie suchen nicht danach, wessen Pracht es ist. Alle wollen Kamini-Kañchana genießen. Doch das gibt mehr Schwierigkeiten als Genuss.
Die Welt ist wie der Strudel im Vishalakshi-Fluss. Es gibt keinerlei Hoffnung für ein Boot, das dort hineingerät. Die Welt ist außerdem wie der Shenkul-Dornenbusch. Wenn man sich von einem Dornenzweig befreit hat, hat man schon den nächsten an der Kleidung hängen.
Es ist schwierig aus einem Labyrinth zu kommen, wenn man einmal drin ist.
Das weltliche Leben versengt und verängstigt den Menschen.“
Ein Bhakta: „Was ist denn die Lösung?“
Ramakrishna: „Die Lösung sind Gemeinschaft mit heiligen Menschen und Gebet. Ohne Arzt wirst du deine Krankheit nicht los. Aber es reicht nicht, nur irgendwann einmal einen Tag in heiliger Gemeinschaft zu verbringen. Diese Gemeinschaft musst du ständig suchen, denn deine Krankheit ist chronisch. Ayurvedisches Pulsmessen kannst du auch nicht lernen ohne Ayurveda-Arzt. Du musst mit einem mitgehen, wenn er seine Visite macht. Nur dann lernst du die Pulsqualitäten Phlegma und Galle zu unterscheiden.“
Der Bhakta: „Was ist der Nutzen von heiliger Gemeinschaft?“
Ramakrishna: „Dadurch entwickelt man Liebe zu Gott. Nichts wird ohne Verlangen erreicht. Das Zusammenleben mit Heiligen bewirkt, dass das Herz nach Gott verlangt. So wie dein Geist ständig beunruhigt ist, wenn jemand in deiner Familie krank ist und du dich sorgst, wie er wieder gesund werden könnte. Und man sollte so ruhelos sein, wie jemand, der eine neue Stelle sucht, nachdem ihm gekündigt wurde. Wenn ihm an einem möglichen Arbeitplatz gesagt wird, momentan gäbe es keine freien Stellen, schaut er am nächsten Tag wieder vorbei und fragt, ob es heute eine freie Stelle gäbe.
Der anderer Weg ist aufrichtiges Gebet. Gott ist ganz der deine. Wir müssen ihm sagen: ‚Bitte zeige dich mir! Du musst — warum hast du mich sonst geschaffen?‘ Sikhs sagten mir einmal, Gott sei gnädig. Ich antwortete ihnen, warum soll ich ihn gnädig nennen? Er hat uns geschaffen. Warum sollen wir uns darüber wundern, wenn er uns Gutes tut? Eltern ziehen ihre Kinder auf. Soll man das einen Akt der Gnade nennen? Sie müssen es tun! Deshalb sollten wir fordernd sein in unseren Gebeten. Gott ist unsere Mutter und unser Vater. Wenn ein junger Erwachsener sein Erbe fordert und in Hungerstreik tritt, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, geben ihm die Eltern das Erbe drei Jahre vor der üblichen Zeit. Und auch, wenn ein Kind um ein paar Groschen bittet und wiederholt bettelt: ‚Mammi, ich bitte dich auf Knien, gib mir bitte zwei Groschen‘, dann schmilzt das Herz der Mutter angesichts dieses aufrichtigen Verlangens, und sie wirft dem Kind die Groschen zu.
Es gibt noch einen weiteren Nutzen heiliger Gemeinschaft: die Übung der Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen. Wirklich ist die ewige Substanz, Gott. Mit unwirklich ist das gemeint, was vergänglich ist. Man sollte sich in Unterscheidung üben, sobald der Geist auf schlechte Gedanken kommt. Der Elefantenführer schlägt den Elefanten sofort mit dem Eisenstachel, wenn der Elefant seinen Rüssel ausstreckt um den Baum in Nachbars Garten zu verschlingen.“
Ein Nachbar: „Warum haben wir überhaupt schlechte Tendenzen?“
Ramakrishna: „Es gibt alles Mögliche in Seiner Welt. Er hat gute Menschen geschaffen und schlechte. Er ist es, der gute Tendenzen gibt und er ist es auch, der schlechte Neigungen gibt.“
Nachbar: „In diesem Fall ist man doch gar nicht verantwortlich, wenn man etwas Schlechtes tut.“
Ramakrishna: „Es ist Gottes Gesetz, dass derjenige, der eine schlechte Tat begeht, ein entsprechendes Resultat erntet. Brennen Chilli-Schoten nicht, wenn man sie isst? Mathur Babu führte ein ausschweifendes Leben in seiner Jugend, deshalb litt er unter verschiedenen Krankheiten vor seinem Tod. In der Jugend merkt man das nicht so.
Im Kali-Tempel benutzen sie viel Sundari-Holz zum Kochen. Zu Anfang brennt das feuchte Holz ganz gut und die gespeicherte Feuchtigkeit macht sich nicht bemerkbar. Aber irgendwann kommt die Feuchtigkeit heraus und löscht das Feuer mit einem zischenden Geräusch. Also, man sollte sich in Acht nehmen vor allen von diesen Dreien: Lust, Wut, Gier.
Erinnere dich, wie Hanuman Sri Lanka in einem Wutanfall in Brand setzte. Plötzlich wurde ihm klar, dass Sita im Ashoka-Hain war. Dann begann er vor Angst zu zittern, dass das Feuer Sita verletzen könnte.“
Nachbar: „Warum hat Gott schlechte Menschen geschaffen?“
Ramakrishna: „Das ist sein Wille, sein Spiel. In seiner Maya gibt es beides, Wissen und Unwissen. Dunkelheit ist begründet: Erst durch Dunkelheit kommt der Glanz des Lichts so richtig zur Geltung.
Wut, Lust und Gier sind in der Tat ungünstig. Warum hat Gott sie geschaffen? Um Heilige zu machen. Der Sieg über das Verlangen der Sinne macht einen Menschen groß. Nichts ist unmöglich für denjenigen, dem seine Sinne gehorchen. Er kann sogar Gott verwirklichen, mit Gottes Gnade.
Und dann, betrachte es mal von einer anderen Warte. Das Spiel von Gottes Schöpfung geht durch Lust weiter.
Schlechte Menschen werden auch gebraucht. Einmal wurden die Pächter auf einem Gut aufmüpfig. Der Besitzer schickte Golak Chaudhuri. Der war ein so harter Verwalter, dass die Pächter schon bei Erwähnung seines Namens zitterten. Alles ist nötig. Sita sagte zu Rama: ‚Rama! In Ayodhya gibt es so viel alte reparaturbedürftige Häuser. Es wäre schöner, wenn alle Häuser schmucke Villen wären.‘ Rama antwortete: ‚Sita, wenn alle Häuser schön wären, was gäb’s dann für die Maurer zu tun?‘ (alle lachen)
Gott hat alle Sorten von Dingen geschaffen. Bäume, die gute Früchte tragen, solche, die giftige Früchte tragen, und Unkraut hat er auch gemacht. Unter den Tieren gibt es friedliche und gefährliche, wie Tiger, Löwen, Schlangen – und alle möglichen anderen Geschöpfe.“
Nachbar: „Kann Gott im Familienleben verwirklicht werden?“
Ramakrishna: „Sicherlich. Doch wie ich sagte, muss man in heiliger Gesellschaft leben und ununterbrochen beten. Man muss vor Gott weinen. Er wird geschaut, wenn die Unreinheiten des Geistes abgewaschen sind. Der Geist ist wie eine dick verdreckte Nadel. Gott ist wie ein Magnet. Solange der Dreck nicht abgewaschen ist, vereinigt sich die Nadel nicht mit dem Magneten. Der Dreck, der die Nadel umgibt, wird durch Tränen abgewaschen. Der Dreck sind Lust, Wut, Gier, schlechte Tendenzen und Weltlichkeit. Sobald der Dreck abgewaschen ist, wird der Magnet die Nadel an sich ziehen, das heißt, Gott wird geschaut. Gott wird verwirklicht, wenn das Herz rein geworden ist.
Jemand liegt mit Fieber im Bett. Sein Körper leidet an zuviel Flüssigkeit im System. Was könnte Chinin dann noch helfen?
Warum sollte man Gott nicht verwirklichen können, während man in Beruf und Familie lebt? Wie ich schon sagte, begebe dich in heilige Gemeinschaft, bete Gott unter Tränen an und ziehe dich gelegentlich in die Einsamkeit zurück. Wenn man keinen Zaun um neugepflanzte Bäumchen am Wegesrand setzt, werden sie von Kühen und Ziegen gefressen.
Jeder wird Befreiung erlangen. Man sollte jedoch den Anweisungen seines Gurus folgen. Wenn man einen verkehrten Weg nimmt, wird es schmerzhaft, wieder umzukehren. In diesem Fall verzögert sich die Befreiung lange. Vielleicht erlangt man sie nicht in diesem Leben sondern erst nach vielen Leben. König Janaka und andere Heilige hatten auch Familie und Beruf. Sie arbeiteten, während ihr Geist auf Gott gerichtet war, so wie eine Tänzerin tanzt, während sie einen Krug auf dem Kopf balanciert. Hast du nicht die Frauen in Nordwest-Indien gesehen, wie sie lachend und redend daher gehen mit ihren Wasserkrügen auf dem Kopf.“
Nachbar: „Sie haben gerade von den Anweisungen des Gurus gesprochen. Wie findet man einen Guru?“
Ramakrishna: „Guru kann nicht irgendwer oder irgendjemand sein. Ein großer Baumstamm schwimmt im Wasser und kann zusätzlich viele Tiere tragen. Wenn man sich aber an ein Hölzchen festklammert, geht man zusammen mit dem Hölzchen unter. In jedem Zeitalter kommt Gott als Guru auf die Erde um die Menschen zu lehren. Sein-Bewusstsein-Seligkeit allein ist der Guru.
Was ist Erkenntnis, und wer bin ich? Gott allein ist der Handlende und alle anderen sind seine Werkzeuge. Das ist Erkenntnis. Ich bin nicht der Handelnde, sondern nur ein Werkzeug in seiner Hand. Deshalb sage ich: ‚Mutter, du bist der Maschinist und ich bin die Maschine. Du bist der Bewohner und ich bin das Haus. Ich bin die Kutsche und du bist der Kutscher. Ich bewege mich, wie du mich bewegst. Ich handle, wie du mich handeln lässt, Ich rede, wie du mich reden lässt. Nicht ich, nicht ich, sondern du, sondern du.‘“
Anschließend besuchte der Meister Captain Viswanath Upadhyay, und danach ging es weiter zu Keshabs Gartenresidenz namens „Lotus-Landhaus“ (Kamala-Kutir). Ram, Manomohan, Surendra, M und viele andere Bhaktas kamen mit. Alle setzten sich in die große Halle in der ersten Etage. Pratap Majumdar, Trailokya und andere Brahmo-Mitglieder waren ebenfalls anwesend. Es war jetzt fünf Uhr nachmittags. Keshab war in seinem Zimmer und man informierte ihn über die Ankunft des Meisters. Er kam heraus, auf indische Art gekleidet mit Hemd und Chadar, und begrüßte den Meister. Er hatte gerade zu seinem Freund Kalinath Basu gehen wollen, der krank war. Wegen der Ankunft des Meisters änderte er seinen Plan. Der Meister sagte zu ihm:
„Du musst dich um so viele Dinge kümmern; obendrein gibst du auch noch eine Zeitung heraus. Da hast du keine Zeit, nach Dakshineswar zu kommen; deshalb komme ich zu dir. Als ich von deiner Krankheit hörte, habe ich gelobt, der Göttlichen Mutter grüne Kokusnuss mit Zucker für deine Besserung zu opfern. Und ich habe zu ihr gesagt: ‚Mutter, wenn etwas mit Keshab passiert, mit wem werde ich dann reden, wenn ich nach Kalkutta komme?‘“
Der Meister sprach mit Pratap und anderen Brahmo-Mitgliedern. Einen Blick auf M werfend, der in der Nähe saß, sagte er zu Keshab: „Frage ihn (=M) doch bitte mal, warum er nicht mehr nach Dakshineswar kommt. Ständig behauptet er, er sei seiner Familie gegenüber unverhaftet.“ Tatsächlich war es etwas über einen Monat her, dass M Ramakrishna das letzte Mal in Dakshineswar besucht hatte. Darum machte der Meister diese Bemerkung. Der Meister hatte M außerdem gebeten, ihm zu schreiben, wenn er ihn nicht besuchen könne.
Pandit Samadhyayi war anwesend. Die Brahmo-Mitglieder stellten den Pandit dem Meister vor und sagten, dass dieser ein Gelehrter sei und Experte für die Veden und andere Schriften. Der Meister antwortete: „Ja, sein Inneres ist deutlich durch seine Augen sichtbar, so wie man durch eine Glasstür Gegenstände in einem Zimmer sehen kann.“
Trailokya, der Brahmo-Musiker, begann zu singen. Da es Abend wurde, wurden Lampen angezündet, während die Musik weiter ging. Der Musik lauschend, stand der Meister plötzlich auf und ging in Samadhi, wobei er den Namen der Göttlichen Mutter sang. Etwas zur Sinnenwelt zurückkehrend begann er zu tanzen und zu singen:
Ich trinke nicht gewöhnlichen Wein,
sondern Wein unsterblichen Glücks
während ich Mutter Kalis Namen singe.
Das beschwipst mich so, dass Leute sagen, ich sei trunken …
Der Meister schaute Keshab voller Zuneigung an, als wäre dieser ganz eng mit ihm verbunden. Gleichzeitig schien er zu befürchten, dass er Keshab an jemand anderen verlieren könnte, das heißt, dass Keshab ein weltlicher Mensch werden könnte. Ihn anschauend sang er:
Wir haben Angst zu sprechen und auch Angst nichts zu sagen,
Zweifel kommen in uns hoch, dass wir dich verlieren könnten,
Wir verraten dir das Geheimnis, womit wir selbst und andere
viele Stürme und Gefahren überstanden,
Nun hängt es ganz von dir ab.
Ramakrishna: „Die Zeile ‚Wir verraten dir das Geheimnis usw.‘ bedeutet: Rufe Gott an und gibt alles andere auf. Er allein ist wirklich, alles andere ist unwirklich. Nichts hat irgendeinen Wert ohne die Verwirklichung Gottes. Das ist das große Geheimnis.“
Der Meister setzte sich wieder und sprach mit den Bhaktas. Eine Kleinigkeit zu Essen wurde vorbereitet. Ein Brahmo-Mitglied spielte Klavier in einer Ecke des Saales. Ramakrishna ging zu dem Klavier und hörte lächelnd zu. Anschließend wurde er in die Privatgemächer gebeten, wo ihm Erfrischungen gereicht wurden und ihn die Damen des Hauses begrüßten. Danach nahm er Abschied. Eine Kutsche wurde geholt, und der Meister stieg hinein. Alle Brahmo-Mitglieder standen bei der Kutsche. Dann verließ die Kutsche das Lotus-Landhaus in Richtung Dakshineswar.
Man bekommt was man sucht: Manche suchen Gott und bekommen ihn, andere suchen Reichtum und Macht und bekommen das.